Arbeitszeugnisse: Wahrheit oder Pflicht?

Arbeitszeugnisse: Wahrheit oder Pflicht?

Arbeitzeugnisse sind unerlässliche Bestandteile der Bewerbungsmappe.


Sie sind das Bindeglied zwischen tabellarischem Lebenslauf und dem Anschreiben. Hier erkennen Personaler, mit wem sie es zu tun haben. Unverblümt negative Äußerungen sind hierzulande unzulässig. Die hohe Zahl der Klagen, die vor deutschen Arbeitsgerichten ausgefochten werden, zeigt jedoch: Formulierungen in der Job-Leistungsbeschreibung bieten enorm viel Spielraum für Interpretationen.

Wir haben für Euch zusammengetragen, worauf Ihr achten solltet:

1. Formsache – alles korrekt?

Sind Eure Personalien, die korrekte Benennung Eurer Funktion im Unternehmen, die Beschäftigungsdauer, Ausstellungsdatum und -ort des Zeugnisses erfasst? Ein einfaches Zeugnis umfasst außerdem die genaue Beschreibung Eures Jobs und dient eher als Tätigkeitsnachweis, etwa nach einer sehr kurzen Tätigkeitdauer oder einem Praktikum. Besser ist immer ein qualifiziertes Zeugnis, das zusätzlich Euren Werdegang und Eure konkreten Leistungen wiedergibt, auf Erfolge, Wissen und Motivation eingeht und das Verhalten gegenüber anderen bewertet. Ein Dank und eine Wunschformulierung senden weitere wohlwollende Signale an den Leser, sie sollten auf keinen Fall fehlen. Bittet Euren Arbeitgeber immer um eine solche qualifizierte schriftliche Bewertung, ausgedruckt auf Firmenbriefpapier und mit der Unterschrift des Chefs oder eines Weisungsbefugten.

2. Aus einem Guss – individuell und flüssig

Ein individuelles Zeugnis zu erstellen, ist mit Arbeit verbunden. Manchmal machen es sich Unternehmen leicht, indem sie es aus Vorlagen zusammenkopieren. Ein Zeugnis ist wichtiger Bestandteil Eures weiteren Arbeitslebens, es sollte individuell formuliert sein. Scheut Euch nicht, Euren ehemaligen Arbeitgeber um Korrektur zu bitten. Habt Ihr Euch in einer Sache besonders hervorgetan, etwas geschafft, was Euer Unternehmen richtig weiter gebracht hat? Dann bittet Euren Vorgesetzten, dies ins Zeugnis mit aufzunehmen. Beispiele wirken authentisch und heben sich von der üblichen Zeugnissprache ab. Achtet dabei aber ganz genau auf die Formulierungen. Doppeldeutiges und Floskeln können abwertend wirken.

3. Der rote Faden

Wenn man mal ein schlechtes Zeugnis zwischen vielen guten hat, ist das völlig ok. Kommt im Vorstellungsgespräch das Thema auf den Tisch, sollte man allerdings eine schlüssige Antwort parat haben. Aber Vorsicht: Schlecht über den alten Arbeitgeber zu reden, das ist absolut tabu! Andererseits bringt einen ein super gutes zwischen ansonsten mäßigen Zeugnissen auch nicht weiter, weil man vermuten könnte, dass es auf Druck so ausgestellt wurde. Das Zeugnis sollte zu den anderen Dokumenten in der Bewerbungsmappe passen: Finden sich die Tätigkeitsangaben aus dem Zeugnis auch im Lebenslauf wieder? Widersprechen sich Angaben im Anschreiben und Fakten im Zeugnis auch nicht? Hier punktet beim Wunscharbeitgeber der rote Faden. Perfekt, wenn die Zeugnisse eine Steigerung in der beruflichen Entwicklung widerspiegeln. Personaler achten auf das Gesamtbild. Das sollte möglichst stimmig sein.

4. Absicht oder Unwissenheit – hört auf Euer Bauchgefühl

Verlasst Ihr einen Arbeitgeber, mit dem Ihr immer im Reinen ward, ist es eher unwahrscheinlich, dass er Euch absichtlich abwertend beurteilt. Es kommt tatsächlich vor, dass einzelne (bisherige) Kolleg:innen der Zeugnissprache nicht ganz mächtig sind. Umso wichtiger ist, dass Ihr aufmerksam seid, ggf. das Gespräch sucht und um Korrektur bittet. Fühlt Ihr Euch zu schlecht bewertet und zeigt sich der ehemalige Arbeitgeber nicht einsichtig, hilft unter Umständen nur der Gang zum Arbeitsgericht. Denn wenn das Zeugnis schlechter als befriedigend ausfällt, hat man gute Chancen, zumindest eine 3 einzuklagen, da der Arbeitgeber beweisen muss, dass die Leistungen schlechter waren. Im umgekehrten Fall muss der Arbeitnehmer beweisen, dass er beispielsweise statt der 3 eine 2 verdient hat. Den Rechtsanwalt sollte man also im eigenen Interesse erst als letztes Mittel einschalten. Es ist eben so eine Sache mit einem richtig schlechten Zeugnis: Gegen schlechte Noten kann man vorgehen oder im Vorstellungsgespräch darauf eingehen. Lässt man ein schlechtes Zeugnis bei der Zusammenstellung der Bewerbungmappe einfach unter den Tisch fallen, ist das ein relativ zuverlässiger Indikator für eine schlechte Leistung.

5. Das steckt hinter der „Zufriedenheit“

Jeder kennt die Schlüsselstelle im Zeugnistext, an der es um den Grad der „Zufriedenheit“ geht. Hier auf einem Blick die Übersetzung in Schulnoten:
  • Stets zu unserer vollsten Zufriedenheit: Sehr gut
  • Stets zu unserer vollen Zufriedenheit: Gut
  • Zu unserer vollen Zufriedenheit: Voll befriedigend
  • Stets zu unserer Zufriedenheit: Befriedigend
  • Zu unserer Zufriedenheit: Ausreichend
  • Insgesamt / im Großen und Ganzen zu unserer Zufriedenheit: Mangelhaft
  • Hat sich bemüht / hat zu unserer Zufriedenheit zu erledigen versucht / führte die übertragenen Aufgaben mit großem Fleiß und Interesse durch: Ungenügend
Überhaupt sind Begriffe, wie „stets“, „ausnehmend“, „äußerst“, „immer“ u .ä. immer ein positives Signal, je verallgemeinernd und unkonkret formuliert wird, desto schlechter die Beurteilung.

6. Floskeln, Phrasen und was zwischen den Zeilen steht

Grundsätzlich gilt also: Je eindeutiger eine Formulierung, desto weniger Interpretationsspielraum lässt sie zu. Folgende Formulierungsbeispiele werfen jedenfalls kein so gutes Licht auf Euch:
  • Er war stets gesellig und bei den Kollegen beliebt / war stets ein geschätzter Gesprächspartner: Wer bei Firmenpartys die Stimmungskanone und in der Teeküche den Witzbold gibt, wird wohl sonst nicht viel auf dem Kasten haben...
  • Sie verfügt über ein ausgesprochenes Selbstvertrauen / war tüchtig und konnte sich gut verkaufen: Hier holen Sie sich die nervige Arroganz einer Besserwisserin ins Team...
  • Er war in der Lage, seine Meinung zu vertreten: Teamunfähig und nicht kritikfähig...
  • Sein Verhalten gegenüber Kollegen und Vorgesetzten war stets einwandfrei: Achtung, die Kollegen werden vor dem Vorgesetzten genannt. Gab es da etwa Probleme?
  • Sie war herzlich und freundlich im Umgang mit dem Team und den Vorgesetzten: Flirten und baggern, das konnte sie, viel mehr wohl nicht...
  • Er arbeitete sehr genau und gewissenhaft: Das dauerte aber alles viel zu lange...
  • Sie erledigte ihre Aufgaben pflichtbewusst und pünktlich: Aber nur die, die man ihr auftrug, Eigeninitiative: Fehlanzeige!
  • Wir wünschen Ihnen für Ihre Zukunft Gesundheit,…: Viele Fehlzeiten durch Krankheit.
Du bist immer noch nicht sicher, ob Du mit Deinem Zeugnis gut dastehst? Dann hilft unser Bewerbungsberater Stephan mit einem professionellen Zeugnischeck weiter!

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13. Oktober 2021 13.10.21
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